Die wissenschaftlichen Fakten zum Thema Klimawandel wirken auf mich häufig bedrohlich und angsteinflößend. Es sind düstere Szenarien der Zukunft, die Realität werden könnten.
Aber Angst lähmt mich, statt mich zu motivieren.
Bereits in der Schule habe ich besonders dann prokrastiniert, wenn ich Angst vor einer Klausur hatte und der Stoff sich unüberwindbar schwer anfühlte. Ebenso unüberwindbar erscheinen mir die Ursachen des Klimawandels. Was kann ich schon tun, wenn selbst mächtige Regierungen kapitulieren?
Deshalb ist meine eigene CO2-Bilanz ein wunderbarer Startpunkt, um mich mit Maßnahmen für den Klimaschutz zu beschäftigen1: Sie ist persönlich und greifbar. Ich kann meinen eigenen Anteil am Klimawandel deutlich erkennen und mein Bestes geben, um diesen Anteil zu senken.
Im folgenden Beitrag zeige ich dir, wie ich meine persönliche CO2-Bilanz berechnet habe und daraus greifbare Maßnahmen für mich ableiten kann. Das kann dir dabei helfen, auch für dich selbst die effektivsten Klimaschutzmaßnahmen zu entdecken.
Der CO2-Rechner des Umweltbundesamtes
Im Internet findet man zahlreiche CO2-Rechner, die alle eine etwas unterschiedliche Herangehensweise verfolgen. Für die Berechnungen in diesem Beitrag nutze ich den CO2-Rechner des Umweltbundesamtes, der drei Hauptfunktionen bietet:
- Meine CO2-Bilanz: Hier kann man seine aktuellen Daten eingeben und die eigene CO2-Bilanz berechnen.
- Mein CO2-Szenario: Nachdem man ausgehend von seiner aktuellen CO2-Bilanz Veränderungen geplant hat, werden die eigenen CO2-Emissionen in 5 bis 10 Jahren prognostiziert.
- Meine Berechnungen speichern: Eingaben für einen späteren Aufruf speichern.
Der Rechner betrachtet die fünf Lebensbereiche Wohnen & Strom, Mobilität, Ernährung, sonstiger Konsum und öffentliche Emissionen. Zu Beginn gleicht der eigene CO2-Ausstoß (linker Balken) dem deutschen Durchschnitt (rechter Balken). Mit meinem aktuellen Lebensstil liege ich erfreulicherweise bereits unter dem deutschen Durchschnitt:
Ich werde dir nun jeden der fünf Lebensbereiche vorstellen und berechnen, wie hoch mein eigener CO2-Ausstoß in jedem Bereich ist. Teste den Rechner gerne auch selbst aus. Es spielt keine Rolle, wie „gut“ oder „schlecht“ wir in einem Bereich sind: Am Ende können wir aus dem Ergebnis etwas lernen.
Wohnen und Strom
Der Energieverbrauch im Bereich Wohnen und Strom entfällt auf die Kategorien Strombezug, Haus / Wohnung und die Heizung.
In Sachen Stromverbrauch scheine ich bereits gut dazustehen. Obwohl ich warmes Wasser elektrisch erhitze, liegt der Stromverbrauch in meinem 2-Personen-Haushalt mit 2000 kWh unter dem deutschen Durchschnitt. Unabhängig davon sinkt meine CO2-Bilanz für Strom bereits auf fast Null, da ich Ökostrom beziehe:
In der Kategorie Haus / Wohnung wird der CO2-Ausstoß berücksichtigt, der durch den Bau und die Sanierung von Wohnraum in Deutschland entsteht. Der Haustyp, das Baujahr und der Sanierungsstandard des Hauses sind hier die wichtigsten Merkmale.
Meine Wohnung wird mit Erdgas befeuerten Einzelöfen geheizt. Das ist nicht besonders umweltfreundlich, da fossiles Erdgas direkt verbrannt wird und dadurch CO2 entsteht. Dennoch ist der Jahresverbrauch mit 2230 kWh sehr niedrig.
Den niedrigen Verbrauch führe ich darauf zurück, dass wir einen Raum nur dann heizen, wenn sich jemand darin aufhält. Außerdem haben wir auch Glück, dass berufsbedingt nur abends geheizt wird. Insgesamt liege ich mit in der Kategorie Haus / Wohnung mit 0,3t deutlich unter dem deutschen Durchschnitt von 2,04t:
Mobilität
Der Bereich Mobilität umfasst die Kategorien Fahrzeuge, Fahrten & Reisen, Flugreisen und Schiffsreisen. Unter Fahrzeuge muss man seine motorisierten Gefährte erfassen, bevor man damit detailliert Strecken unter Fahrten & Reisen eintragen kann. Alternativ können die Strecken auch pauschal erfasst werden.
Da ich kein motorisiertes Fahrzeug besitze, liege ich mit 0t CO2-Ausstoß in der Kategorie Fahrzeuge unter dem deutschen Durchschnitt von 0,21t. Hier habe ich Glück mit meiner innerstädtischen Wohnung und meinem Beruf. Kurze Strecken lege ich meistens mit dem Fahrrad oder dem ÖPNV zurück.
Da ich beruflich sehr viel mit dem Fernverkehr der Deutschen Bahn unterwegs bin, habe ich meine Fahrten & Reisen detailliert erfasst. Der Fernverkehr wird nämlich mit Ökostrom betrieben und ist daher fast CO2-neutral. Zusätzlich nutze ich auch den ÖPNV an den Start- und Zielbahnhöfen und werde ab und zu von Freunden und Verwandten im Auto mitgenommen, was weniger umweltfreundlich ist.
Bei Fahrten & Reisen komme ich dann auf einen CO2-Ausstoß von 0,33t, was unter dem deutschen Durchschnitt von 1,39t liegt.
Flugreisen sind besonders klimaschädlich, was sich auch in meiner CO2-Bilanz niederschlägt. Letztes Jahr bin ich das erste Mal überhaupt geflogen, und zwar in die USA. Eine solche Interkontinentalreise würde ich gerne alle 5 Jahre unternehmen. Die geschätzten 3 Flugstunden pro Jahr verursachen dann bereits mehr CO2 als meine gesamten sonstigen Fahrten:
Schiffsreisen unternehme ich keine und der CO2-Rechner setzt hier auch einen deutschen Durchschnitt von 0t CO2 an.
Ernährung
Im Bereich Ernährung geht es um den CO2-Ausstoß, der mit meiner Ernährung zusammenhängt. Hier ist es besonders wichtig, in CO2-Äquivalenten zu rechnen. Durch die Landwirtschaft entstehen nämlich die besonders schädlichen Treibhausgase Methan und Lachgas2.
Es gibt auch nur einige wenige Fragen, die auf die vertilgte Menge an Nahrungsmitteln und deren Herkunft abzielen. Mit 1,98 t CO2 pro Jahr schneide ich in diesem Bereich leider schlechter ab als der deutsche Durchschnitt. Hier gibt es wahrscheinlich noch gute Möglichkeiten zur Verbesserung:
Sonstiger Konsum
Der Bereich sonstiger Konsum beschäftigt sich mit dem eigenen Kaufverhalten. Im deutschen Durchschnitt werden hier mit Abstand die meisten CO2-Emissionen verursacht. Hier zählt jede Ausgabe, die nicht in den vorherigen Kategorien bereits erfasst wurde. Beispiele sind Unterhaltung, Kleidung, Gaststätten und vieles mehr.
Leider lässt sich für die wenigsten Produkte ein genauer CO2-Fußabdruck ermitteln, da sehr viele Faktoren wie Transport, Rohstoffe oder Arbeitskraft mit einfließen. Dennoch kann die persönliche Bilanz anhand der monatlichen Konsumausgaben und Fragen zum Kaufverhalten, den Kaufkriterien und gebrauchten Gegenständen abgeschätzt werden:
Vielleicht ist meine Selbsteinschätzung viel zu optimistisch. Aber durch moderate monatliche Ausgaben, ein sparsames Kaufverhalten und die Nutzung gebrauchter Gegenstände scheine ich bereits unter dem deutschen Durchschnitt zu liegen. Durch ein Haustier, das ich nicht habe, würde sich mein CO2-Ausstoß deutlich erhöhen.
Wie kann ich meine CO2-Bilanz verbessern?
Aktuell spare ich mit 6,86t CO2 etwa ein Drittel der Emissionen gegenüber dem deutschen Durchschnitt von 11,17t CO2 ein. Aber sind wir einmal ehrlich: Das ist noch lange nicht genug. Mit diesen Einsparungen würde ich vielleicht knapp die 2030er Klimaziele erfüllen. Aber bereits für die 2040er Ziele müsste ich gegenüber dem heutigen deutschen Durchschnitt mindestens 50% einsparen3.
Doch wie kann ich das schaffen?
Auch hierfür liefert das Umweltbundesamt mit Mein CO2-Szenario eine Lösung. In diesem Abschnitt des CO2-Rechners kann man seine geplanten Veränderungen für die nächsten 5 bis 10 Jahre eingeben und eine CO2-Prognose berechnen lassen. Wir schauen uns das einmal für jeden Lebensbereich im Detail an.
Wohnen und Strom
Im Bereich Wohnen wird sich bei mir in den nächsten 5 bis 10 Jahren viel verändern. Ich will eine Familie gründen und brauche dafür mehr Wohnraum. Schön fände ich ein Einfamilienhaus mit Garten und einer Wohnfläche von etwa 150 Quadratmetern. Selbst wenn ich dieses zu 100% mit erneuerbaren Energien betreibe und eine sehr positive Einstellung zum Klimaschutz habe, steigen meine Emissionen von 0,3t auf 0,54t CO2:
Auch im Bereich Strom steigen meine Emissionen leicht an. Da ich mir allerdings wünsche, eine eigene Photovoltaik Anlage zu errichten, steigt auch die Vermeidung bei anderen an. Insgesamt sind meine Emissionen im Bereich Strom mit 0,06t aber weiterhin vernachlässigbar, was auf den Bezug von Ökostrom zurückzuführen ist:
Mobilität
Im Bereich Mobilität kann ich an meinen beruflichen Fahrten aktuell wenig ändern. Außerdem ist der Fernverkehr der Deutschen Bahn bereits umweltfreundlich mit Ökostrom unterwegs. Falls möglich, würde ich auch weiterhin gerne auf ein Auto verzichten. Die einzige verbleibende Stellschraube ist damit meine jährliche Flugzeit. Hier kann ich mir vornehmen, überhaupt nicht mehr zu fliegen. Das würde etwa 0,48t CO2 sparen:
Ernährung
Der Bereich Ernährung bietet mir noch einige Einsparmöglichkeiten. Zur Orientierung markiert ein Pfeil die Antworten aus meiner aktuellen CO2-Bilanz. Da besonders durch Tierhaltung Treibhausgase entstehen, bietet sich eine fleischreduzierte Kost statt einer Mischkost an.
Durch eine Gewichtsreduktion würde mein Körper außerdem weniger Nahrung benötigen und bei wem steht das nicht ohnehin auf der Wunschliste? Die drei übrigen Angaben beziehen sich auf den Kauf regionaler Produkte, saisonaler Produkte und biologisch erzeugter Produkte.
Insgesamt könnte ich mit den geplanten Veränderungen etwa 0,36t CO2 einsparen.
Sonstiger Konsum
Der sonstige Konsum verursacht den größten Anteil meiner heutigen Emissionen. Folglich sollte ich hier auch am meisten einsparen können. Auch die Haushaltsgröße fließt mit in die Berechnungen ein, weshalb die Zahlen bereits vor der Eingabe meiner Ziele niedriger waren als vorher. Schauen wir uns die Optionen nun im Detail an:
Mein sparsames Kaufverhalten und die Nutzung gebrauchter Gegenstände scheinen bereits positiv in die Rechnung einzugehen. Einzig bei den Kaufkriterien werde ich zukünftig mehr auf die Langlebigkeit statt auf den Preis der Produkte achten.
Wenn es mir dann noch gelingen würde, die monatlichen Konsumausgaben von 400€ auf 300€ zu senken, könnte ich gegenüber heute 1,31t CO2 einsparen. Das ist vergleichsweise viel.
Meine prognostizierte CO2-Bilanz
Unter dem Reiter Mein Ergebnis finde ich schließlich den Vergleich meiner heutigen Emissionen zu meinem angegebenen Szenario. Für den ersten Versuch sieht es nicht schlecht aus: Von heute 6,85t könnte ich meine Emissionen kurzfristig auf 4,76t CO2 reduzieren und damit die 2040er Klimaziele erreichen.
Dabei helfen mir allerdings auch deutschlandweite Verbesserungen der Bedingungen. Das sieht man sehr schön an den öffentlichen Emissionen: Während diese heute 0,86t meiner CO2-Bilanz ausmachen, sind es im kurzfristigen Szenario nur 0,61t.
Der CO2-Ausstoß für Deutschland im Jahr 2050 liegt nochmals deutlich unter meinem kurz- und mittelfristigen Szenario. Es ist also noch ein weiter Weg, bis du oder ich klimaneutral leben können.
Jetzt bist du am Zug
Ich habe dir meine eigene CO2-Bilanz mit Hilfe des CO2-Rechners des Umweltbundesamtes gezeigt. Aufgrund vieler glücklicher Umstände und ein wenig eigenem Klimabewusstsein lebe ich bereits unter dem deutschen Durchschnitt. Aber auch ich kann meinen Beitrag zum Klimaschutz noch deutlich steigern, wie ich durch die Szenario-Rechnung herausgefunden habe.
Das überraschendste Ergebnis war für mich, dass meine Konsumausgaben den größten Anteil an meinem CO2-Fußabdruck ausmachen. Bei dir kann das aber ganz anders aussehen. Fliegst du oft in die Ferne? Dann machen deine Flugreisen wahrscheinlich den größten Anteil aus. Da jeder Mensch einen individuellen CO2-Fußabdruck hat, sind die besten Maßnahmen zu dessen Senkung ebenfalls individuell.
Deshalb bist jetzt du am Zug: Probiere den CO2-Rechner gerne einmal selbst aus und berichte in den Kommentaren von deinen Erfahrungen.